VERHALTEN UND SYMBIOSE VON INSEKTEN

 

Das übergeordnete Ziel der Forschungsgruppe ist die Anwendung ökologischer und evolutionärer Konzepte auf Waldinsekten und ihre biotische Umwelt. Ziel ist es, Konzepte zu entwickeln, wie die ökologischen und ökonomischen Ökosystemdienstleistungen einheimischer Waldökosysteme geschützt und langfristig erhalten werden können. Waldökosysteme sind derzeit durch den fortschreitenden Klimawandel und den Verlust der Artenvielfalt bedroht.

Unsere Forschung zeichnet sich durch die Integration verschiedener Disziplinen wie Evolutionsbiologie, Ökologie, Verhaltensbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie und chemische Ökologie aus. Dieser transdisziplinäre Ansatz ermöglicht es uns, das Leben von Waldinsekten in ihren ökologischen Beziehungen zu anderen Tieren, Pflanzen und Mikroorganismen zu verstehen und Aussagen über die Rolle dieser Beziehungen für die Populationsdynamik von Waldinsekten zu treffen. Unser Hauptmodellsystem sind holzbohrende Käfer, insbesondere Borkenkäfer, und ihre Interaktionen mit bakteriellen und pilzlichen Symbionten. Wir erforschen diese mehrteiligen Symbiosen in all ihren mikrobiologischen, molekularen und chemischen Details, um ein umfassendes Verständnis dafür zu erlangen, wie sich diese verschiedenen Organismen gegenseitig beeinflussen und ihre Insektenwirte bei der Besiedlung von Bäumen entweder unterstützen oder behindern.

Eine unserer wichtigsten Errungenschaften war die Etablierung einer Technik zur Laborzucht von verschiedenen Borkenkäfern, das nun die fortlaufende Aufzucht und die experimentelle Manipulation von Käfernestern ermöglicht, die normalerweise unzugänglich und unter der Rinde oder im Holz verborgen sind. Mit dieser Technik sind wir weltweit bekannt für unseren Ansatz, diese Insekten auf verschiedenen Skalen - vom Nest im Labor bis zur Populationsdynamik im Freiland - zu untersuchen. In diesem Sinne sind unsere Hauptforschungsgebiete: (1) die Untersuchung des Einflusses von Makro- und Mikroorganismen auf waldrelevante Insekten im Freiland, (2) die experimentelle Manipulation der Beziehungen zwischen diesen Organismen und ihrer physiologischen und ökologischen Folgen im Labor oder Freiland, (3) die mikroskopisch-histologische Untersuchung der Übertragung von Mikroorganismen (insbesondere Symbionten) durch Insekten im Labor und (4) die chemische Ökologie und die molekulargenetischen Grundlagen der Interaktionen zwischen Insekten und Mikroorganismen.

An unserem Institut verfügen wir über alle Aufzuchteinrichtungen, mikroskopische, entomologische, mikrobiologische und molekularbiologische Labore und sind damit hervorragend für die Bearbeitung der oben genannten Forschungsfragen ausgestattet. Mit unserem eigenen Versuchswald hinterm Haus und einem Garten mit Gewächshäusern und Flug- und Aufzuchtkäfigen für Borkenkäfer gibt es wohl keinen besseren Ort, um Waldinsekten sowohl im Labor als auch im Freiland zu untersuchen.

Aktuelle Projekte

ANGEWANDTER WALDSCHUTZ

Waldschutz und Schädlingsbekämpfung sind für eine erfolgreiche und nachhaltige Forstwirtschaft von entscheidender Bedeutung. Die Forschung in diesen Bereichen ist multidimensional und umfasst Biologie, Ökologie, Chemo-Ökologie, Forstwirtschaft und mehr. Die Forstpraktiker fordern schnelle und wirtschaftliche Lösungen, der Naturschutz möchte die Auswirkungen geringhalten, und die Wissenschaft möchte die Kommunikation der Insekten oder die ökologischen Prozesse hinter den Beobachtungen bei Ausbrüchen verstehen. Mit all diesen Aspekten befassen wir uns in unserer Forschung.

Unsere Forschung zielt darauf ab, sowohl die Grundlagen des Verhaltens, der Kommunikation, der Dynamik usw. von Insekten zu verstehen als auch angewandtes Wissen bereitzustellen. Daher führen wir hauptsächlich Feldstudien durch (regelmäßig zusammen mit Kollegen aus der Forstwirtschaft) und ergänzen diese durch Laborstudien und Experimente unter naturnahen Bedingungen in der Umgebung des Instituts.

Derzeit beschäftigen wir uns vor allem mit dem Borkenkäfer an Fichte und Tanne, um insektizidfreie Managementmaßnahmen zur Kontrolle der Populationen zu verbessern, sowie mit der Früherkennung, da ein effektives Monitoring für jedes Populationsmanagement grundlegend ist.

Unser Selbstverständnis ist es, die Studierenden auf möglichst vielen Ebenen in die Forschung einzubeziehen und so Forschung und Lehre eng miteinander zu verbinden.

 

Aktuelle Projekte

WIRT-MIKROBIOM-INTERAKTIONEN

Mikroorganismen sind omnipräsent und es existiert kein Organismus, der nicht in irgendeiner Weise mit Mikroorganismen interagiert. Diese Interaktionen sind extrem divers und reichen von parasitaer bis mutualistisch. Vor allem die mit Organismen assozierte Symbionten (Mikrobiom) beeinflussen verschiedenste biologische Aspekte wie Ernährung, Entwicklung, Immunität und sogar Verhalten und sind daher entscheidende Einflussfaktoren darauf, wie Organismen in Zusammenspiel mit ihrer Umwelt evolvieren.

Borkenkäfer gehören zu den artenreichsten, herbivoren Insektengruppen mit einer unvergleichlichen Diversität in Bezug auf Ökologie, Paarungssystem, Verhalten und Wirtspflanzennutzung. Während die Wichtigkeit ihrer Symbiose mit spezifischen Pilzen für die erfolgreiche Besiedelung von Bäumen immer bekannter wird, steckt das Wissen, welche Rollen die diversen anderen Mikroorganismen wie Bakterien und Hefen einnehmen, noch immer in den Kinderschuhen. Das möchten wir mit unserer Forschung ändern.

Einige Forschungsschwerpunkte sind:

  • Die Rolle von Symbionten während der Käferentwicklung
  • Mikrobiom und Sozialität
  • Mikrobiomevolution

Aktuelle Projekte

BIODIVERSITÄT – „LEBENDIGES WITTENTAL“

Im Osten Freiburgs, am Rande des Dreisamtals, liegt das Domizil der Professur für Forstentomologie und Waldschutz auf einem ca. 1,5 ha großen Gelände mit großen Freiflächen, eigenem Waldbestand, Gewächshäusern und Laboratorien. Die Laborausstattung sowie die unterschiedlichen Habitate bieten optimale Arbeitsmöglichkeiten für entomologisch-ökologische Studien. Es weist bereits jetzt einen hohen Naturschutzwert auf und hat ein großes Entwicklungspotential.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Biodiversitätskrise (Stichworte „Insektensterben“, „Vogelrückgang“) aber auch mangelnder praktischer Angebote zur Vermittlung von Artenkenntnissen in der Ausbildung an der Fakultät für Umwelt und Natürliche Ressourcen, möchten wir an diesem einmaligen Ort die biologische Vielfalt nachhaltig fördern (Wiederherstellung von Lebensräumen und Verbesserung ihrer Qualität durch ein gezielt insektenfreundliches Management) und in Zukunft noch stärker in der universitären Lehre einsetzen und Studierenden auch außerhalb von Lehrveranstaltungen einen frei zugänglichen Lern- und Übungsort schaffen.

Durch relativ einfache Maßnahmen (geänderte Mahdregime der Blühwiesen, Teiche, Steinmauern, Totholz, Nisthilfen etc.) entstehen zusammen mit Studierenden wertvolle Biotope für selten gewordene Tiere und Pflanzen, die gleichzeitig für Lehre (Module, qualifizierende Arbeiten), Forschung aber auch Allgemeinbildung bezüglich Artenvielfalt und Naturschutz eingesetzt werden sollen.

Wir hoffen mit dieser Initiative an der Universität Impulse zu setzen, mehr solcher Naturräume zu schaffen, um die Vielfalt an Tieren und Pflanzen auf Universitätsflächen zu fördern. Diese Flächen können in Zukunft sowohl genutzt werden, um die taxonomische Ausbildung unserer Studierenden zu verbessern als auch um eine breitere Öffentlichkeit auf den Wert von Biodiversität, die gegenwärtige Biodiversitätskrise und auf mögliche Maßnahmen der Verbesserung aufmerksam zu machen, und tragen somit zu Wissenstransfer und Bewusstseinsbildung bei.

Auswahl der durchgeführten Projekte:

  • Inventarisierung der Flora und Fauna auf dem Gelände der Professur für Forstentomologie und Forstschutz
  • Bestandsaufnahme der Carabidae und anderer bodenbewohnender Arthropoden
  • Inventarisierung und Schwarmverhalten von xylobionten Coleoptera im Institutswald
  • Die Malaise-Falle als Methode zum Fang von nachtaktiven, flugfähigen Insekten
  • Wildbienen-Monitoring
  • Haben domestizierte Honigbienen Auswirkungen auf die Abundanz und den Artenreichtum von Wildbienen?
  • Bewertung der Beziehung zwischen Lebensraummerkmalen und Insektengemeinschaften mit Hilfe der entomologischen Klopfschirmmethode

Aktuelle Projekte